Marc Dunkelman ist Fellow am Watson Institute for International and Public Affairs der Brown University. Sein neuestes Buch trägt den Titel Why Nothing Works.
In diesem Gespräch gehen Yascha Mounk und Marc Dunkelman auf die Herausforderungen großer Projekte in den Vereinigten Staaten ein, die Ursprünge des Progressivismus und darauf, welche Rolle Donald Trump in dieser Geschichte spielt.
Das Transkript wurde gekürzt und zur besseren Verständlichkeit leicht bearbeitet.
Yascha Mounk: Der Titel deines Buches hat mich sofort angesprochen: Why Nothing Works (Deutsch: Wieso Nichts Funktioniert). Was meinst du damit? Warum, glaubst du, funktioniert nichts mehr?
Marc Dunkelman: Ich denke, es gibt ein weit verbreitetes Gefühl – besonders in der Mitte-Links-Blase, aber wahrscheinlich in der gesamten Bevölkerung und Wählerschaft –, dass die Regierung nicht so funktioniert, wie wir es eigentlich erwarten. Die Idee für das Buch kam mir während meiner täglichen Pendelfahrten nach Penn Station. Damals las ich The Power Broker, das berühmte Buch über Robert Moses, den Mann, der innerhalb von 40 Jahren das Stadtbild New Yorks grundlegend umgestaltete – mit einer Präzision und Entschlossenheit, die bemerkenswert war.
Ich pendelte also nach Penn Station, ungefähr 20 Jahre nachdem ich in New York studiert hatte. Ich erinnerte mich, wie ich damals in der New York Times und der New York Post immer wieder Artikel darüber las, dass Penn Station bald umgebaut werden sollte. Doch nun, 20 Jahre später, war nichts passiert. Mir fiel ein berühmtes Zitat von Vincent Scully ein, einem Architekturprofessor an der Yale University. Als der ursprüngliche Bahnhof von Penn Station im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts errichtet wurde und dann in den 1960er Jahren für den Bau des Madison Square Garden und eines Bürogebäudes abgerissen wurde, sagte er: Früher betraten wir ihn wie Kaiser, heute gehen wir hinein wie Ratten. Und genau so fühlte es sich an – eine düstere, unterirdische Station mit einem Labyrinth aus Gängen. Penn Station ist das zweitmeist betretene Verkehrszentrum des Landes. Es gab praktisch keinen politischen Widerstand gegen den Bau einer besseren Station. Und doch: Während Robert Moses einst Projekte verwirklichen konnte, die viele Menschen verhindern wollten, stand nun eine marode öffentliche Infrastruktur, die alle für katastrophal hielten – und trotzdem schien niemand in der Lage zu sein, sie zu erneuern. Diese Beobachtung brachte mich zum Nachdenken.
Mir wurde klar, dass sich dieses Muster durch das gesamte öffentliche Leben in den USA zieht. Wir können keine Hochgeschwindigkeitszüge bauen. Wir können keinen Wohnraum schaffen. Wir können keine sauberen Energieanlagen errichten. Und selbst wenn wir es könnten, würden wir es nicht schaffen, die erzeugte Energie in das Stromnetz einzuspeisen. Wir sind schlichtweg nicht mehr in der Lage, Dinge umzusetzen. Ich erkannte, dass dahinter ein systematisches Problem stecken musste. Dieses Buch ist mein Versuch, herauszufinden, was genau passiert ist.
Mounk: Warum, glaubst du, betrifft dieses Problem nicht nur die USA, sondern auch andere entwickelte Volkswirtschaften und liberale Demokratien wie Deutschland? Warum funktioniert nirgendwo mehr etwas?
Dunkelman: Ich würde versuchen, diese Frage zu beantworten, indem ich in der Geschichte zurückgehe – zu einem Moment nach der Großen Depression und dem Zweiten Weltkrieg, als es im Westen eine weit verbreitete Vorstellung gab, dass große Institutionen im Wesentlichen vertrauenswürdig seien. Man glaubte an die Weisheit der großen Männer – Männer im grauen Anzug, mit Fedora, ernstem Blick und verschränkten Armen, die gewichtige Entscheidungen trafen. In den Vereinigten Staaten herrschte die Auffassung, dass diese Männer, die das Land durch die Große Depression und den Krieg geführt hatten, unsere Hochachtung verdienten und dass wir ihnen vertrauen konnten, große Entscheidungen zu treffen. Also schufen wir Institutionen, die ihnen die Befugnis gaben, große Dinge zu verwirklichen.
Das beste Beispiel dafür ist für mich die Tennessee Valley Authority, die staatliche Behörde, die durch den Bau von Staudämmen und Kraftwerken die wirtschaftliche Entwicklung und Elektrifizierung im südöstlichen Teil der USA, insbesondere im Tennessee Valley, vorantreiben sollte. David Lilienthal war praktisch der unumschränkte Herrscher über diese Bürokratie im nördlichen Teil des amerikanischen Südens – einer Region, die in etwa die Größe Englands hatte und damals unglaublich arm war. Er erhielt vom Bund das Mandat, Staudämme zu errichten, arme Bauern mit Elektrizität zu versorgen, Stauseen anzulegen und erodierte Böden wieder aufzuforsten. Es gab keine wesentliche Kontrolle über seine Macht – er konnte einfach handeln und Bundesangestellte einstellen, um diese Projekte umzusetzen. Roosevelt wollte, dass diese großen öffentlichen Bürokratien das Ruder übernehmen. Und genau das war das prägende Element des Progressivismus in dieser Ära: die Idee einer mächtigen Bürokratie mit großem Handlungsspielraum.
Mounk: Das erklärt also, woher der Begriff progressiv kommt. Es geht darum, Fortschritt zu erreichen. Und das geschieht, indem der Staat große Projekte in Angriff nimmt. In gewisser Weise definiert das, was es bedeutet, auf der linken Seite des politischen Spektrums zu stehen.
Dunkelman: Die Machtverteilung im frühen 20. Jahrhundert – vor dem New Deal, vor der Großen Depression – war zu zerstreut, zu diffus. Wir konnten zum Beispiel keine dringend benötigten Abwassersysteme in unseren Städten bauen, weil politische Maschinerien zu mächtig waren oder wirtschaftliche Interessen es verhinderten. Die Lösung war, Macht in die Hände von gemeinwohlorientierten Männern zu legen, die diese Aufgaben übernehmen und die klassischen Tragödien der Allmende lösen würden. Das war die damalige Denkweise.
Doch in den 1960er Jahren – beginnend mit C. Wright Mills und seiner Analyse der Machtelite in den späten 50ern, dann verstärkt durch das Port Huron Statement und die Students for a Democratic Society, bis hin zur Gegenkultur und den Protesten während des Parteitags 1968 – entstand eine völlig neue Vorstellung. Plötzlich hieß es nicht mehr, dass Macht zu verstreut sei und uns daran hindere, große Dinge zu vollbringen. Das neue Problem war vielmehr, dass die Macht in großen Bürokratien zu stark konzentriert sei – und dass daraus Monster wie Robert Moses in New York oder Richard Daley in Chicago entstanden seien. Innerhalb des Progressivismus – und in gewisser Weise über das gesamte ideologische Spektrum hinweg – formierte sich eine Gegenbewegung gegen konzentrierte Macht. Diese Haltung zeigte sich nicht nur in der Politik. Auch in der Popkultur spiegelte sie sich wider. Der Film Chinatown handelt von einem mächtigen Mann, der Wasser aus dem Tal außerhalb von Los Angeles stiehlt und es der Stadt gibt. Oder nehmen wir den berühmten Satz aus dem Film Network von Mitte der 70er Jahre: Ich bin so wütend, und ich werde das nicht länger hinnehmen! Dieses Statement richtete sich gegen das sogenannte Establishment, das zu einer Art Meme wurde – die Vorstellung, dass es irgendwo eine kleine Gruppe extrem mächtiger Figuren gibt, die in einem Hinterzimmer, sei es verraucht oder nicht, die großen Entscheidungen treffen.
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Mounk: Nur eine kleine Randbemerkung – was du hier beschreibst, erinnert stark an eine Theorie des „Deep State“. Damals war es tatsächlich die Linke, die sich als Gegnerin des Establishments und des „Deep State“ verstand. In gewisser Weise haben sich diese Rollen heute gewendet.
Dunkelman: Du hast absolut recht. John F. Kennedys Antrittsrede war im Grunde eine pro-bürokratische, establishmentfreundliche Vision. Doch als Reaktion darauf entstand die neue Linke, die dieser Vision mit großer Skepsis begegnete. Spätestens mit Watergate hatte sich die Stimmung im Land vollständig gewandelt – die Vorstellung, dass eine mächtige Elite das Land lenkt, wurde zur allgemein akzeptierten Annahme. Die Lösung dieses Problems lag nun darin, Macht an die Bürger zurückzugeben – damit keine Autobahn durch ihre Viertel gebaut wird, damit kein umweltschädliches Kohlekraftwerk neben einer Schule errichtet wird, nur um die Aktionäre des Energieunternehmens zu bereichern. Oder damit eine Wohnsiedlung, die den Immobilienwert der Anwohner senken könnte, von den Menschen vor Ort verhindert werden kann. All das war Ausdruck eines Kampfes gegen das Establishment – und genau das wurde zum zentralen Motiv des Progressivismus in den folgenden Jahrzehnten.
Mounk: Der Zusammenhang zu unserer Ausgangsfrage – warum heute nichts mehr funktioniert – wird hier ziemlich offensichtlich. All diese Mechanismen sind letztlich Hindernisse für große Projekte und jede Form zentraler Planung. Plötzlich steht die Angst im Vordergrund, dass staatliche Institutionen und das Establishment einfach über ein Viertel hinwegfegen oder einen wunderschönen alten Bahnhof wie die ursprüngliche Penn Station abreißen.
Dunkelman: Genau das ist der Punkt. Progressivismus war von Anfang an – und das geht sogar dem New Deal voraus – eine paradoxe Verbindung zweier konkurrierender Ideen. Die erste Idee war: Wir haben eine Tragödie der Allmende, und die einzige Möglichkeit, dieses Problem zu lösen, besteht darin, eine zentralisierte Bürokratie mit weitreichenden Befugnissen auszustatten. Das ist, was ich als einen hamiltonianischen Impuls bezeichne – die Vorstellung, dass Macht in die Hände einer verantwortungsbewussten Instanz gelegt werden muss. Die zweite Idee, die von Beginn an ebenfalls zum Progressivismus gehörte, besagt genau das Gegenteil: Wir müssen die bestehende Macht zurückgeben an jene, die von einem fernen Monarchen oder einer anderen autoritären Instanz unterdrückt werden. Ein Beispiel dafür wäre der klassische Jeffersonianische Landbesitzer, der sein kleines Reich gegen übergriffige Machthaber verteidigen will.
Wenn Menschen heute über die Ursprünge des Progressivismus um die Wende zum 20. Jahrhundert sprechen, listen sie oft verschiedene, widersprüchliche Ideen auf. Eine davon war die Einrichtung von Expertengremien, die große Projekte umsetzen sollten – das ist klar hamiltonianisch. Eine andere war die Einführung von Volksentscheiden – eine typisch jeffersonianische Vorstellung, weil sie den Bürgern direkte Mitbestimmung ermöglicht, anstatt sich auf die Gesetzgeber zu verlassen. Heute denken wir über den Klimawandel nach und kommen zu dem Schluss: Wir brauchen eine starke Bürokratie, um den CO₂-Ausstoß zu regulieren. Das erfordert eine zentrale, mächtige Institution – ein hamiltonianischer Impuls. Gleichzeitig denken wir über reproduktive Rechte nach und sind uns einig, dass keine zentrale Instanz einer Frau vorschreiben sollte, was sie mit ihrem Körper zu tun hat – ein jeffersonianischer Impuls. In den späten 60er und frühen 70er Jahren verschob sich die vorherrschende Denkweise innerhalb des Progressivismus von einem hamiltonianischen zu einem jeffersonianischen Modell.
Mounk: Während ich dir zuhöre, habe ich das Gefühl, dass vieles davon sehr spezifisch für die USA ist. Natürlich kann das hamiltonianische/jeffersonianische Denkmuster auch in anderen Ländern nützlich sein. Aber es geht letztlich auf einen echten philosophischen Konflikt unter den Gründervätern der USA zurück, der bis heute nachwirkt. Wie gut lässt sich diese Geschichte auf andere Länder übertragen – und was sagt das über die USA aus?
Dunkelman: Mein erster Gedanke war James C. Scotts Buch Seeing Like a State, das mit der Geschichte beginnt, wie deutsche Forstwirte im nördlichen Europa versuchten, Wälder systematisch zu strukturieren. Ihre Annahme war: Wenn die Bäume in einem klaren, rationalen Muster angeordnet sind, dann wird die Bewirtschaftung effizienter. Die Idee war, von oben herab eine Ordnung aufzuzwingen, die aus der Vogelperspektive sinnvoll erscheint – ein klassisch hamiltonianischer Ansatz. Scotts Buch zeigt, wie diese Denkweise weltweit Einfluss gewann. Er verweist dabei mehrfach auf die Tennessee Valley Authority. Es ist derselbe Grundimpuls, der auch in der Entwicklungspolitik wirkt – die Vorstellung, dass man ein Land des Globalen Südens einfach durch von außen vorgegebene Standards und Systeme in Richtung Fortschritt steuern könne.
Ich denke, du hast recht: Je nachdem, wie sich die Machtstrukturen und Bürokratien in verschiedenen Ländern entwickeln, verändern sich die Mechanismen. Ein Beispiel ist das Scheitern der britischen Levelling-Up-Initiative, die Investitionen in den Bahnverkehr der nördlichen Städte fördern sollte. In der Nachkriegszeit hätten britische Regierungen – egal ob Labour oder die Tories – diese Pläne vermutlich noch umgesetzt. Heute sind sie weit weniger erfolgreich darin. In jeder Gesellschaft wirken die jeffersonianischen Gegenreaktionen auf die Macht des Establishments auf unterschiedliche Weise.
Mounk: Vieles von dem, was du sagst, erscheint mir plausibel. Aber eine mögliche Gegenargumentation wäre, dass es hier nicht nur um Ideen oder Machtverschiebungen geht, sondern um grundlegende ökonomische Entwicklungen. Große Infrastrukturprojekte werden vor allem in Phasen massiven Wirtschaftswachstums realisiert – dann, wenn der gesellschaftliche Fokus darauf liegt, den Lebensstandard zu erhöhen, und es noch nicht allzu viele etablierte Machtstrukturen gibt, die diese Entwicklung hindern. In dieser Phase befindet sich eine Gesellschaft eher in einem hamiltonianischen Modus.
Alle Anreize der politischen Ökonomie fördern dann große Projekte mit hohen, aber auch potenziell disruptiven oder zerstörerischen Effekten. Das gilt für die europäischen Industrienationen des 19. und 20. Jahrhunderts ebenso wie für Robert Moses, der in New York Autobahnen baute, die zwar den Verkehr verbesserten, aber gleichzeitig Stadtviertel zerstörten. Doch sobald eine Gesellschaft wohlhabender und komplexer wird – insbesondere mit dem Aufstieg einer breiten Mittelschicht –, verschiebt sich die Priorität. Plötzlich geht es weniger um zukünftige Verbesserungen als um die Bewahrung des Erreichten.
Dunkelman: Ich denke, da ist viel Wahres dran. Mein Gegenargument wäre jedoch, dass die Machtverhältnisse in den USA des späten 19. Jahrhunderts ebenfalls nicht gerade förderlich für große Projekte waren. Trotzdem konnten in der frühen Phase des 20. Jahrhunderts Dinge wie die New Yorker U-Bahn relativ zügig gebaut werden. Warum? Weil Manhattan damals noch weit weniger dicht bebaut war. Man konnte einfach einen Tunnel entlang der Broadway-Achse graben – es war vergleichsweise einfach.
Zur gleichen Zeit galt die Vorstellung, dass politische Maschinerien – sei es im Interesse der Arbeiterklasse oder im Dienst der Robber Barons – unüberwindbare Hindernisse darstellten. Man glaubte damals, dass die politische Landschaft so verhärtet sei, dass große Projekte in Amerika unmöglich seien. Genau dagegen richtete sich der aufkommende Progressivismus: Eine wachsende Mittelschicht wollte endlich sauberes Wasser, bessere Abwassersysteme, zuverlässige öffentliche Verkehrsmittel und neue Brücken. Sie war nicht bereit, sich mit dem Status quo abzufinden. Und so entstand eine ganze Reihe von Instrumenten, um die Macht der politischen Maschinen und der Gerichte zu brechen – mit dem Ziel, endlich große Projekte umzusetzen.
Sie wollten in der Lage sein, einen Mindestlohn durchzusetzen, Arbeitsstandards zu schaffen, Brücken zu bauen und Abwassersysteme zu errichten. Und all das sollte von wissenschaftlichen Experten umgesetzt werden. Diese Idee war nicht auf die Vereinigten Staaten beschränkt – sie erstreckte sich über den Atlantik hinweg. Sie gewann auch in Großbritannien und Kontinentaleuropa an Bedeutung. Die bemerkenswerteste Veränderung in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts bestand darin, dass sich die gesellschaftlichen Verhältnisse von einer Situation, die in vielerlei Hinsicht unserer heutigen ähnelt – in der nichts vorankam –, hin zu einer Phase wandelten, in der eine Gruppe progressiver Kräfte zusammenkam und begann, die Macht der Gerichte gezielt zu untergraben.
Ich denke, du hast recht, dass es mit zunehmender gesellschaftlicher Komplexität immer mehr Menschen gibt, die ein Interesse daran haben, den Status quo zu bewahren, und dass es dadurch schwieriger wird, Dinge voranzubringen. Aber genau das hätte man auch 1895 oder 1905 gesagt: dass man das Zucker-Trust nicht zerschlagen könne, weil mittlerweile jeder weiß, wie viel Zucker kostet, und welche Unruhe echte Konkurrenz auslösen würde. Wir befinden uns erneut in einer bemerkenswert ähnlichen Situation, in der immer mehr Menschen – was sich auch in der Wahl von Donald Trump zeigt – frustriert darüber sind, dass Institutionen nicht funktionieren, und versuchen, irgendwie einen Weg zu finden, sich durch sie hindurchzuschlagen.
Mounk: Wie du sagst, war ein wesentlicher Teil von Donald Trumps Wahlkampf die Idee, dass in der Regierung nichts funktioniert. Ich denke, das war einer der Gründe für seinen Sieg – und jeder, der ihn besiegen will, sollte das sehr ernst nehmen. Er sorgt für erhebliche Störungen in Washington, D.C., aber auch er kann nicht einfach Umweltprüfungen abschaffen, weil sie auf zahlreichen Urteilen des Supreme Court basieren, die nicht über Nacht verschwinden werden.
Wie realistisch ist es also, dass die YIMBY-Bewegung (Yes In My Backyard) oder die Abundance-Bewegung diese Hindernisse tatsächlich überwinden kann? Welche Veränderungen sollten wir anstreben, wenn wir wollen, dass Dinge wieder funktionieren?
Dunkelman: Wenn du 1895 in Amerika gesessen hättest und den New Deal vorhergesagt hättest, hätten dich die Leute für verrückt gehalten. Die Regierung war damals extrem korrupt und ineffizient. Der Bund war winzig. Hätte man 1958 auf die geballte Macht der Zentralregierung geschaut, die das Land umgestaltete, wäre es unvorstellbar gewesen, dass es 60 Jahre später fast unmöglich sein würde, eine Bushaltestelle um einen Block zu versetzen. Es gibt kein einzelnes Gesetz, das der Kongress verabschieden und das Donald Trump unterzeichnen könnte, um diese Situation grundlegend zu ändern. Vieles ist durch Präzedenzfälle in der Rechtsprechung festgelegt, und man müsste sich durch eine verkrustete Bürokratie kämpfen, um überhaupt Spielraum für schnelle Entscheidungen zu schaffen.
Aber das Muster in den USA ist, dass wir zwischen Phasen der übermäßigen Dezentralisierung und einer tiefen Skepsis gegenüber Macht hin- und herpendeln. Mit der Zeit entstehen dann wieder Freiräume. Gegen Ende der Biden-Regierung gab es eine große Initiative, um ein Gesetz zur Genehmigungsreform zu verabschieden. Die Linke muss dringend eine bessere Begrifflichkeit dafür finden – Genehmigungsreform klingt so langweilig, dass man schon beim Aussprechen einschläft. Aber das ist eine entscheidende Debatte. 1970 unterzeichnete Präsident Nixon das National Environmental Protection Act, das Behörden verpflichtet, vor großen Infrastruktur- und Bauprojekten Umweltverträglichkeitsprüfungen durchzuführen, um negative ökologische Auswirkungen zu minimieren. Viele in der Abundance- und Supply-Side Progressivism-Bewegung sowie in der YIMBY-Welt sehen dieses Gesetz heute als ein zentrales Hindernis. Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir die Problematik klarer erkennen. Noch vor wenigen Jahren hatten wir Progressiven gar nicht wirklich begriffen, dass unsere tief verankerte Skepsis gegenüber Macht unsere Fähigkeit untergräbt, die Dinge umzusetzen, die die Menschen eigentlich wollen.
Wir müssen eine Balance finden zwischen dem Verhindern schlechter Projekte und dem Ermöglichen guter Vorhaben – selbst wenn sie Kosten verursachen. Das Problem ist: Wenn es Zielkonflikte gibt – etwa, wenn eine Stromleitung saubere Energie nutzbar machen könnte, aber möglicherweise eine seltene Orchideenart gefährdet –, reicht das dann als Grund, das gesamte Projekt zu stoppen? Diese Abwägungen sind notwendig, doch Progressiven fällt es seit Jahrzehnten schwer, überhaupt zu akzeptieren, dass jemand solche Entscheidungen treffen muss. Das Perfekte wurde zum Feind des Guten, weil wir Verfahren geschaffen haben, die sicherstellen, dass jedes Projekt ohne jegliche negative Auswirkungen umgesetzt wird – was oft bedeutet, dass es gar nicht umgesetzt wird.
Mounk: Ich würde die Sichtweise auf diese Zielkonflikte noch etwas erweitern. Es gibt direkte Kosten – wie die Frage, ob wir auf den Nutzen eines Hochgeschwindigkeitszugs in Kalifornien verzichten sollten, weil dafür einige Bäume gefällt werden müssten. Oder ob wir akzeptieren können, dass jede Infrastruktur gewisse Belastungen für lokale Gemeinschaften und Ökosysteme mit sich bringt. Die Vorteile solcher Projekte sind oft erst in großem Maßstab sichtbar. Ich verstehe den Reflex, zu sagen: Mein Viertel ist schön, warum sollten wir hier Hochhäuser erlauben? Aber die systemischen Kosten dieser Haltung sind enorm – sie treiben die Wohnkosten für uns alle in die Höhe, obwohl wir aus anderen Ländern mit besser funktionierenden Wohnbaumodellen wissen, dass das nicht nötig ist.
Der zweite Aspekt betrifft unsere Demokratie. Oft hört man das Argument: Wir müssen den Rechtsstaat respektieren, das sind eben die Verfahren, daran gibt es nichts zu rütteln. Doch das verkennt, dass die Art, wie der Rechtsstaat angewandt wird, auf politischen Entscheidungen beruht – und somit legitimerweise zur Debatte stehen sollte. Natürlich sollten Menschen gegen Bauprojekte klagen können, aber nur dann, wenn sie berechtigte Bedenken haben. Und diese Verfahren sollten schnell entschieden werden, statt als Werkzeug zu dienen, um jegliche kollektive Handlungsfähigkeit zu blockieren. Das eigentliche Problem ist, was mit unserer Politik passiert, wenn die Menschen resignieren. Wenn sich das Gefühl verfestigt, dass nichts funktioniert, steigt die Gefahr, dass die Leute irgendwann sagen: Dann soll doch einfach jemand kommen und das ganze System zerstören. Genau das erleben wir gerade. Donald Trump ist in gewisser Weise selbst eine merkwürdige Mischung aus hamiltonianischem und jeffersonianischem Denken.
Ich mache jetzt eine vielleicht überraschende Analogie – eine aus den Debatten über institutionelles Design in Demokratien. Wenn ein Land sich Sorgen um die Gefahr eines autoritären Umsturzes macht, könnte man auf die Idee kommen, möglichst viele Vetopunkte einzubauen. Je schwieriger man es einem Präsidenten macht, irgendetwas durchzusetzen, desto besser ist man vor einer Diktatur geschützt. Das war eine der Überlegungen hinter bestimmten semi-präsidentiellen Systemen, besonders in Lateinamerika, wo der Präsident Macht besitzt, aber das Parlament unabhängig gewählt wird. Doch das Ergebnis war nicht mehr Demokratie, sondern lähmender Stillstand. Das politische System wurde so fragmentiert, dass es für normale Regierungen fast unmöglich wurde, effektiv zu handeln. Das wiederum ebnete den Weg für starke Männer, die versprachen, das ganze System zu umgehen. Wenn wir über Zielkonflikte sprechen, geht es also nicht nur um Umweltfragen – etwa, ob eine Fischart wichtiger ist als der Bau einer Raketenabschussrampe. Es geht auch darum, was passiert, wenn das Gefühl, dass nichts funktioniert, sich weiter ausbreitet. Irgendwann sagen die Menschen dann: Ich bin bereit, alles zu akzeptieren – Hauptsache, jemand durchschlägt diesen gordischen Knoten.
Dunkelman: Dazu habe ich zwei Dinge zu sagen. Erstens: Mein Buch beginnt mit einer Geschichte über Donald Trumps ersten großen politischen Moment. Mitte der 1980er Jahre schaffte es Ed Koch, der damalige Bürgermeister von New York, nicht, eine kaputte Eislaufbahn im Central Park zu sanieren. Das Projekt war völlig überteuert und jahrelang verzögert. Trump trat auf den Plan und sagte zu Koch: Gib mir das Projekt, ich bin ein Bauunternehmer. Ich werde es schneller und günstiger fertigstellen. Falls es teurer wird, zahle ich die Differenz. Falls es günstiger wird, spart die Stadt Geld. Koch verabscheute Trump, aber er willigte ein – und Trump machte das Projekt tatsächlich in Rekordzeit fertig. Er wurde kurzfristig zum Helden der Stadt. Der Grund, warum Trump das konnte und warum das Projekt unter Koch scheiterte, lag in einem progressiven Gesetz, das eigentlich gut gemeint war, aber öffentliche Bauvorhaben enorm verkomplizierte. Die Stadtverwaltung musste die Aufträge an unzählige verschiedene Subunternehmer für Elektrik, Sanitär und Beton aufteilen, was die Koordination nahezu unmöglich machte.
Viele Menschen dachten damals, Trump hätte einen Ehrenparade verdient, weil er es als einziger geschafft hatte, in New York City ein Projekt erfolgreich abzuschließen. Dieses Muster hat er seither immer wieder genutzt. Selbst progressive Menschen sehen eine nicht funktionierende, verkrustete Regierung und wünschen sich dann doch jemanden, der einfach durchgreift und die Sache erledigt. Genau das hat er nun auf nationaler Ebene gespielt. Dieses Gefühl, dass nichts mehr funktioniert, ist der Hauptgrund für den Aufstieg von MAGA. Es öffnete die Tür für die Frustration ganz normaler Bürger, die das Vertrauen in Institutionen verloren haben und sich nach einem radikalen Wandel sehnen. Und genau das verkörpert Trump.
Das ist die amerikanische Erfahrung in ihrer reinsten Form. Die Articles of Confederation, die erste Verfassung der neu gegründeten Vereinigten Staaten, waren viel zu dezentralisiert – ein durch und durch jeffersonianisches Dokument. Doch diese Regierungsstruktur funktionierte nicht. Die Regierung konnte keine Steuern erheben, keine nationale Verteidigung aufbauen, keine internationalen Verträge abschließen. Als in Massachusetts ein Aufstand ausbrach, hätte eine föderale Intervention notwendig gewesen, doch der Kongress hatte weder die Autorität noch die Mittel, um die Rebellion niederzuschlagen.
Die US-Verfassung war eine direkte Reaktion auf genau diese Frustration. Heute stehen wir vor einer ähnlichen Dynamik: Wir haben so viel zentrale Autorität an verschiedene Vetopunkte und bürokratische Strukturen abgegeben, dass wir uns fragen müssen, ob das System überhaupt noch tragfähig ist. Das bedeutet nicht, dass wir eine neue Verfassungsversammlung brauchen. Aber in der amerikanischen Geschichte gab es immer wieder Momente, in denen wir zu weit ins jeffersonianische Extrem gerutscht sind – sodass es nahezu unmöglich war, Dinge umzusetzen. Und dann gab es Phasen, in denen wir uns zu stark ins hamiltonianische Lager bewegten – mit Figuren wie Robert Moses, der ganze Stadtviertel dem Erdboden gleichmachte, oft auf Kosten armer oder marginalisierter Gemeinschaften. Wir befinden uns in einem ständigen Aushandlungsprozess zwischen diesen beiden Impulsen.
Jetzt, mit der YIMBY-Bewegung, der Abundance-Bewegung und einem neuen Denken auf der Linken, erkennen wir zumindest an, dass das tief verankerte Misstrauen gegenüber zentraler Autorität und der Drang, das Establishment zu beschneiden, zwar ursprünglich positive Absichten hatten – aber zu weit gegangen sind. Es braucht eine neue Balance. Ich denke nicht, dass wir das gesamte Regierungssystem umstürzen müssen. Stattdessen sollten wir uns weniger damit aufhalten, uns über Donald Trump aufzuregen, und uns mehr mit der Frage beschäftigen, ob wir als Bewegung für funktionierende Regierung tatsächlich etwas vorzuweisen haben. Wenn die Demokraten die Partei der Regierung sein wollen, dann muss die Regierung auch liefern. Ich glaube nicht, dass Trump unsere Demokratie abschaffen wird – zumindest hoffe ich es nicht. Und natürlich sollten wir ihn zur Rechenschaft ziehen. Aber wir müssen mehr Zeit damit verbringen, über das Produkt nachzudenken, das wir selbst anbieten. Funktioniert Progressivismus für die Menschen? Und wenn nicht, was können wir daran ändern? Wenn ich dieses Argument Menschen vortrage, höre ich oft: Trump ist der Elefant im Raum! Wir müssen uns auf ihn konzentrieren! Wir müssen einfach lauter schreien, damit die Leute endlich verstehen, dass er ein Rassist und Xenophob ist! Doch diese Strategie hat politisch nicht funktioniert. Das liegt meiner Meinung nach daran, dass wir, wenn wir uns nur auf Trump konzentrieren, nicht auf uns selbst schauen. Ich – und viele in der YIMBY- und Abundance-Bewegung – sage: Wir sollten neue politische Lösungen anstreben, nicht weil wir vor Trump einknicken, sondern weil wir selbst ein Interesse daran haben, dass die Regierung funktioniert.
Der Vorteil dabei ist, dass wir nicht unsere ganze Energie auf Trump verschwenden müssen. Stattdessen können wir über konkrete Lösungen nachdenken: Wie schaffen wir Mechanismen, um Hochgeschwindigkeitszüge zu realistischen Kosten zu bauen?Wie können wir den lokalen Widerstand gegen dringend benötigte Wohnungsbauprojekte konstruktiv verarbeiten? Wie priorisieren wir Infrastrukturprojekte so, dass sie effizient und bezahlbar bleiben – damit wir mehr davon realisieren können? Das sind Fragen, mit denen wir uns in unserer Obsession mit Trump viel zu wenig beschäftigt haben. Doch sie liegen in unserer Kontrolle – oder zumindest können wir damit beginnen, eine Strategie zu entwickeln. Denn die Amerikaner wollen keine Diktatur. Es wird einen Moment geben – und ich bin mir sicher, dass er kommen wird –, in dem wir wieder eine Chance haben, zu regieren. Und wenn es soweit ist, müssen wir beweisen, dass Regierung funktioniert.
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Dieses Transkript wurde mit Hilfe von KI übersetzt und von Niya Krasteva redigiert.